Sous Vide

bitte schön - Wos is dos?

Sous ist in Frankreich ‚Unter‘ und Vide ist ‚Leer‘. Unter Leer. Was leer? Luftleer, also im Vakuum. Das ist kurios. Aber das ist noch nicht alles. Es reicht ja nicht ein feines Stück zu vakumieren und luftdicht zu verpacken. Im nächsten Schritt geht es schwimmen oder eigentlich eher tauchen. In ein Wasserbad das die für das Gericht perfekte Gartemperatur hat. Und dazu hat man ein Gerät, das einem Tauchsieder ähnelt, das das Wasser in Bewegung hält und aufpasst, dass sich die Temperatur nicht ändert. Das isses. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich muss ja zugeben, dass ich die längste Zeit skeptisch war. Die Vorstellung, dass gut gebadetes Essen um Welten besser sein soll als fein gekochtes fand ich befremdlich. Naja. Das war einmal. Bei mir ist der Damm gebrochen, das Leben ist unterteilt in ein fast nutzloses Leben vor Sous Vide und die glänzende phantastische Welt des Essen Badens.

In einem Anflug von Wahn habe ich vor 2 Wochen die Maschine bestellt. War ja wieder einmal Lockdown. Aber nachhaltig lokal gekauft. Wenigstens. Vor gut einer Woche kam das gute Stück dann in der Post zu uns. Ein einfacher Einstiegs Sous Vide Stick. Nichts mit Wifi, aber eine gute Pumpe und ausreichend Watt. Unboxing war ziemlich unspektakulär. Eher eine Transportverpackung und keine Uhrenschachtel. Aber es sind ja bekanntlicherweise die inneren Werte, die zählen. Also raus aus der Panier und los.

erste Schritte

Der erste Versuch waren Karotten. 80 Grad, 60 Minuten, dann kurz in die heiße Pfanne. Die Karotten waren fertig gegessen, bevor das Abendessen eine Chance hatte mit Karotten zu glänzen. Ein herrliches al dente, karamlisiert, wunderschöne Optik. Beginners Luck habe ich mir gesagt und mich am nächsten Tag auf einen Salad Lyonnaise mit einem pochierten Ei gestürzt. Die Eier ohne Verpackung 12 Minunten auf 75 Grad und dann in ein Eisbad. Pochierte Eier wie nie zuvor. Kein Essig der vorschmeckt, keine zerfledderten Eiteile, ein wunderbares gestockes Eiweiss und butterzartes Eigelb. Die Familienmitglieder waren ergriffen. Langsam dämmerte mir, dass ich vielleicht zu lange in die andere Richtung geschaut habe.

Das faszinierende am Sous Vide kochen ist die elegante Einfachheit, mit der das stattfindet. Vakuumieren verstärkt was vorhanden ist. Gutes wird besser, schlechtes wird schlechter, darum ist eine hervorragende Qualität zum Start unbedingt notwendig. Ein paar wenige Zutaten dazu, Gewürze, etwas Öl oder ein Löffelchen Butter. Von nichts zu viel, weil auch das im Vakuum eher mehr wird.

weiter gehts

Also retour in die Küche. Fisch, Kabeljau, 55 Grad 25 Minuten, direkt auf den Teller. Die Testesser waren stumm, nichts zu hören, andächtig versunken, fast wie in Trance, mit dem Fisch vereint. Nach vielen Versuchen und fast noch mehr zerstückelten Fischfilets, die einfachste Lösung. Fisch einölen, nach Freude würzen – bei mir war das ein Zweig Rosmarin und ab.

Einer der unbestritten größten Vorteile von Sous Vide Kochen ist, dass man das Timing nicht besonders genau nehmen muss. Wichtig ist die Minimalzeit. Wenn die Kerntemperatur erreicht ist, dann kann man auch gerne eine Stunde in die Überzeit gehen. Zu lange geht auch nicht, weil dann verändert sich die Struktur des Kochguts. Aber trotzdem sehr flexibel. Und wenn man dann die guten Dinge aus dem Wasser holt, geht es immer sehr schnell. Entweder direkt auf den Teller oder ein paar wenige Minuten anbraten. Es gibt nur wenige Rezepte (wie das pochierte Ei von oben) die zeitkritisch sind. Und das ist natürlich ideal, wenn man Gäste bewirtet und das Timing entspannt ist.

VOLLGAS!

Am nächsten Tag war Wochenende. Also Königsklasse. Filetsteak. 58 Grad – 75 Minuten. In die Pfanne und zisch unten, zisch oben, fertig. Dieses Mal hatten die Testesser Tränen in den Augen. Dazu ein langsames Kartoffelgratin (siehe dazu unser Rezept) und eine selbstgemachte Demi-Glace (auch das gibt es bei Culinamus). Eine der Testesserinnen will jetzt ein Kind von mir, ein anderer lungert vor meiner Haustüre herum und will sich jedes Mal, wenn ich nach Hause komme zum Essen einladen.

die Erleuchtung

Dabei haben die noch gar nicht das letzte Experiment verkostet. Nach dem fast beängstigenden Erfolg der Steaks, habe ich Burger für mich selbst gemacht. Dieses Mal sind mir die Tränen in dicken Strömen über die Wangen geronnen. Ich musste den Boden trockenwischen. Ich habe eine Hochrippe durch den Fleischwolf getrieben und in Anlehnung an Heston Blumental die Fleischstränge parallel ausgerichtet und zu einer großen Wurst geformt. Dann Burger glatt heruntergeschnitten und mit etwas Öl und Gewürzen vakuumiert. Ganz vorsichtig vakuumiert, weil ansonsten gibt es Burgerfladen. Man kann auch eine etwas größere Ziplockbag nehmen und langsam ins Wasser geben, damit die Luft rund um den Burger entfleucht. Oder noch besser, tiefkühlen, und dann vakuumieren.Bei 55 Grad werden die Burger Medium, 2 Stunden durften sie schwimmen, ich schätze aber, dass 1½ ev. sogar eine Stunde gereicht hätten. Dann in die Pfanne, einmal oben, dann unten, Käse drauf, kurz warten und niederknien. Perfektes Medium durch und durch, nur ein kleiner Well-Done Rand. Und herrlich kross außen, weil mit Vollgas angebraten. Stellt euch vor, wenn nächstes Mal meine Kumpels zum Grillen kommen. Sie werden vor mir knien und mich um mehr anflehen. Ahh, das wird nett.

Da muss ich kurz innhalten und die Vorstellung auskosten. Ich werde mir Bier servieren lassen und je nach Befinden gleich oder erst später die 2. Runde Burger auflegen.

Lösung

Mittlerweile haben wir Hühnerbrust zum hysterisch lachen gemacht und uns auch an ganz exotische Dinge wie beispielsweise Cheesecake herangetastet. Herrlich fluffig.

Die große Stärke von Sous Vide ist aber unumstrittener Weise Fleisch perfekt auf Temperatur zu bringen und das in einer herrlich entspannten Art und Weise. Konventionell ist das nicht möglich. Stay tuned, die Rezepte kommen demnächst in der Rezeptabteilung.

Also. Los geht’s, Culinamis, Sous Vide Maschine anschaffen. Das ist zwar noch nicht die Lösung für den Weltfrieden, kommt aber schon recht nahe dran. Dos is des.

CULINAMUS!